Edelstahl
Ein Stahl trägt die Bezeichnung Edelstahl, wenn er mindestens 10,5 Prozent Chrom und höchstens 1,2 Prozent Kohlenstoff enthält. Zudem sind Verunreinigungen wie Phosphor und Schwefel, die sogenannten Eisenbegleiter, zu maximal 0,025 Masseprozent enthalten. Die Literatur verweist darauf, dass eine Rostfreiheit bereits ab einem 10-prozentigen Chromanteil gegeben sei.
Die überwiegende Anzahl rostfreier Stähle enthält jedoch im Durchschnitt etwa 14 Prozent dieses Legierungsbestandteiles. Chrom bildet in Kontakt mit Sauerstoff auf der Oberfläche des Materials eine dichte Schicht aus Chromoxid. Diese schirmt das darunter liegende Material gegen Sauerstoff ab und verhindert die Korrosion.
Niro, Stainless, Inox oder VA sind landläufige Bezeichnungen für nichtrostende Edelstähle. Diese Begriffe sind umgangssprachlich etabliert. Eine exakte Spezifikation für die Materialzusammensetzung stellen sie hingegen nicht dar. Die Abkürzung VA entstammt metallurgischen Versuchsreihen aus dem Jahre 1912. Diese führten zu einem Werkstoff mit sehr guten mechanischen Eigenschaften und bis dato einzigartiger Korrosionsbeständigkeit. Eher wenig kreativ und etwas technisch geprägt, steht dabei das V für Versuchsschmelze und das A für Austenit.
Die seit etwa einhundert Jahren gebräuchliche Bezeichnung V2A verweist auf die Versuchsschmelze 2. Dieser Stahl enthielt 18 Prozent Chrom und einen Nickelanteil von 8 Prozent. Heute wird diese spezifische Zusammensetzung nicht mehr hergestellt. In der Umgangssprache ist der Name V2A jedoch weiterhin gebräuchlich.
V4A
Die ebenfalls umgangssprachliche Bezeichnung V4A bezieht sich auf hochlegierte, austenitische Edelstähle, mit niedrigem Kohlenstoffgehalt sowie den Bestandteilen Chrom, Nickel und Molybdän. Die exakte Bezeichnung nach Deutscher Industrienorm DIN EN 10027-1 lautet X5CrNiMo17-12-2, X2CrNiMo17-12-2 und X6CrNiMoTi17-12-2 beziehungsweise 1.4401, 1.4404 und 1.4571 nach DIN EN 10027-2.
Prinzipiell sind diese Legierungen einander sehr ähnlich. Einen wesentlichen Unterschied gibt es jedoch. Der Zusammensetzung des Stahls 1.4571 wird Titan hinzugefügt. Dies hat eine höhere Warmfestigkeit dieses Materials zur Folge. Zudem wird die Neigung des Werkstoffes zu interkristalliner Korrosion beim Schweißen unterdrückt. Zu interkristalliner Korrosion kommt es durch das Austreten von Chromkarbiden an den Korngrenzen. Wärmeeintrag befördert diesen Prozess. Doch dazu später mehr.
Besondere Eigenschaften von V4A
Korrosionsbeständigkeit
In Bezug auf seine Beständigkeit gegenüber einer Vielzahl aggressiver Medien hat V4A-Stahl echte Nehmerqualitäten. Salzwasser, chemische Lösungen wie Säuren und Laugen, Öle, Fette oder Alkohole können der Oberfläche wenig anhaben. Neben der Beständigkeit gegen Umwelteinflüsse sind die Reinigung und Desinfektion von Bauteilen aus V4A-Stahl auch mit höher konzentrierten Substanzen gut möglich. Den sehr hohen Hygienestandards in Kliniken, Laboren oder Großküchen kann auf diese Weise problemlos entsprochen werden.
Ästhetik
Aufgrund der Beständigkeit gegen Korrosion neigen Komponenten aus V4A-Stahl nicht zum Ansatz einer sonst für Metalle üblichen Patina. Sie zeigen auch beim Einsatz im Außenbereich kaum Verwitterungserscheinungen. Das Aussehen der Oberfläche bleibt über die Zeit nahezu unverändert erhalten. Bei Bedarf ist sie leicht zu reinigen. Architekten, Produktdesigner und Liebhaber einer kühl eleganten Erscheinung wissen dies zu schätzen.
Verarbeitung von V4A
Mechanische Verfahren
Die spanende Bearbeitung, das Drehen oder Fräsen, ist nicht wirklich die Domäne der V4A-Edelstähle. Die große Härte dieser Werkstoffe führt zu raschem Werkzeugverschleiß. In der Legierung 1.4571 verstärken Titancarbide, eine anorganische Verbindung aus den Elementen Kohlenstoff und Titan, diesen Effekt zusätzlich.
Vor diesem Hintergrund werden Hochleistungstrennverfahren wie das Laserschneiden sowie nicht spanende Trennverfahren, beispielsweise das Scheren oder Stanzen für die Bearbeitung von V4A-Bauteilen, bevorzugt. Das Legierungselement Molybdän bewirkt eine gute Zähigkeit des V4A-Edelstahls. Seine hohe Duktilität sowie sein Formänderungsvermögen führen zu sehr guten Kaltumformungseigenschaften. Entsprechende technische Verfahren wie das Biegen oder Tiefziehen sind unkompliziert anwendbar.
Thermische Verfahren
V4A-Komponenten sind mittels thermischer Fügeverfahren sehr gut zu verbinden. Sie sind gut schweißbar. Sämtliche gängigen Schweißverfahren sind mit und ohne Zusatzwerkstoff einzusetzen. Eine Ausnahme bildet das Autogen-Schweißen mit Sauerstoff-Acetylen-Flamme.
Üblich sind Schutzgas-Schweißverfahren, wie das Wolframintertgas-Schweißen (WIG) und das Metallaktivgas-Schweißen (MAG) sowie das Lichtbogen-Handschweißen (E). Für das Unterpulver-Schweißen (UP) sowie das Laserstrahl-Schweißen sind V4A-Stähle ebenfalls geeignet. Aufgrund ihres Titangehaltes ist die Legierung 1.4571 auch in geschweißtem Zustand beständig gegen interkristalline Korrosion.
Nach dem Schweißen werden die gefügten Teile gereinigt. Dies geschieht auf chemischem Wege mittels Beizen. Auf diese Weise werden Anlauffarben oder Zunder beseitigt, die sich gegebenenfalls im Bereich der Schweißnaht gebildet haben. Die Bauteile erhalten dadurch eine homogen anmutende Oberfläche. Die Ausbildung einer Passivschicht bietet, obwohl nur wenige Nanometer dick, einen zusätzlichen Schutz vor Umwelteinflüssen.
Montage
Sollen V4A-Komponenten ohne thermische Einflüsse verbunden werden, ist das Schrauben das überwiegend genutzte Verfahren. Neben der wenig aufwendigen Montage ermöglicht die Lösbarkeit dieser Verbindungen bei Bedarf einen unkomplizierten Austausch der Einzelteile. Zudem bietet diese Art des Fügens die Option, mit einer attraktiven Gestaltung der Verbindungselemente dekorative Akzente zu setzen. Insbesondere bei der Herstellung exklusiver Stahltreppen, Handläufe oder Balkonbrüstungen ist dies ein häufig genutztes Stilmittel für die visuelle Aufwertung der Konstruktion.
Anwendungen des Edelstahls V4A
Hochwertiger V4A-Edelstahl kommt überall dort zum Einsatz, wo Werkstoffe mit sehr guten mechanischen Eigenschaften gefordert sind. In Kombination mit ihrer herausragenden Widerstandsfähigkeit gegenüber korrosiv wirkenden Medien sowie ihrer chemischen Beständigkeit prädestinieren sich V4A-Legierungen für anspruchsvolle Anwendungen, die hohen Sicherheitsstandards genügen müssen.
Prominente Einsatzbeispiele sind der Reaktorbau für Kernkraftanlagen, die Vakuumtechnik sowie der Apparate-, Behälter- und Rohrleitungsbau für die chemische und lebensmittelverarbeitende Industrie. Weitere Einsatzbereiche sind die medizinische und pharmazeutische Industrie, die Textilindustrie sowie der Maschinenbau. Wegen seiner guten Korrosionsbeständigkeit wird V4A-Edelstahl insbesondere im maritimen Bereich für Offshore-Anwendungen und im Schiffsbau genutzt.
Doch auch in der Architektur haben sich V4A-Edelstähle etabliert. Verkleidungen für Fassaden, Brüstungen von Balkons sowie hochwertige Stahltreppen oder Rolltore und Schiebetore für die industrielle oder private Nutzung sind wesentliche Einsatzbereiche. Die Beständigkeit gegenüber Witterungseinflüssen sorgt dafür, dass Konstruktionen aus V4A Edelstahl auch nach Jahren ihre hochwertige Anmutung nicht einbüßen. Dies gilt im Übrigen auch für Bauwerke in Meeresnähe.
Die dort üblichen hohen Salzgehalte der Umgebungsluft beschleunigen den korrosiven Prozess erheblich. Während herkömmliche Baumaterialien nach vergleichsweise kurzen Zeiträumen rasch erste Korrosionsspuren erkennen lassen, bleibt die Oberfläche von V4A-Edelstahlkonstruktionen in ihrer ursprünglichen Erscheinung weitgehend erhalten. Stahltreppen oder Tore bleiben über lange Zeit ansehnlich und vermitteln eine dauerhaft hohe Qualität.
ESTA E. Stahl Metallwarenfabrik GmbH
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