Werkstoff S355

1. Juli 2024

Einführung

Der mikrolegierte Feinkornstahl mit der Kurzbezeichnung S355MC ist ein Baustahl mit hoher Festigkeit, guter Schweißbarkeit und sehr guter Kaltumformbarkeit. Nach DIN EN 10027 trägt er die Werkstoffnummer 1.0976. Halbzeuge in Form von Blechen werden bei diesem Material mittels Warmwalzen hergestellt. Seine mechanischen Eigenschaften ermöglichen die Verarbeitung zu gewichtseffizienten, dünnwandigen Stahlkomponenten. Die Bezeichnung S355 verweist auf eine Mindeststreckgrenze von 355 Megapascal. Der Zusatz MC kennzeichnet die Art der Halbzeugherstellung „thermomechanically rolled“ (thermomechanisch gewalzt).

Chemische Zusammensetzung

Wesentliche Legierungsbestandteile des mikrolegierten Werkstoffes S355MC sind Mangan, Silizium und Kohlenstoff. Kleinere Mengen an Niob , Titan und Vanadium können vorhanden sein. Diese begünstigen die Feinkornbildung und verbessern die mechanischen Eigenschaften.

Übliche Mengenanteile der chemischen Elemente dieses Baustahls sind gemäß
DIN EN 10149-2:

  • Kohlenstoff (C) maximal 0,12 Prozent
  • Mangan (Mn) maximal 1,5 Prozent
  • Silizium (Si) maximal 0,5 Prozent
  • Phosphor (P) maximal 0,025 Prozent
  • Schwefel (S) maximal 0,015 Prozent
  • Aluminium (Al) minimal 0,015 Prozent
  • Niob (Nb) maximal 0,09 Prozent
  • Vanadium (V) maximal 0,20 Prozent
  • Titan (Ti) maximal 0,15 Prozent.

Eigenschaften des S355MC

Mechanische Kennwerte

Der Baustahl S355MC verfügt über eine hohe mechanische Festigkeit. Seine Dehngrenze (Rp) beträgt mindestens 355 Megapascal und seine Zugfestigkeit (Rm) erreicht Werte zwischen 430 und 550 Megapascal. Für die Bruchdehnung (A5) werden je nach Blechstärke 19 Prozent oder 23 Prozent angegeben. Damit ist dieser Werkstoff ideal für Anwendungen, die hohe Festigkeitswerte bei guter Duktilität erfordern. Die hohe Dehngrenze in Kombination mit vorteilhaftem Bruchdehnungsverhalten ermöglicht die Konstruktion leichter und dennoch robuster Bauteile. Die Eignung des Materials für die spanende Bearbeitung ist gut.

Hervorragende Kaltumformbarkeit

Im Ergebnis des Warmwalzens liegen S355MC-Halbzeuge in einer feinkörnigen Mikrostruktur vor. Der hohe Reinheitsgrad des Materials sowie dessen Gefügestruktur tragen wesentlich zu einer signifikant guten Umformbarkeit bei. Die sehr gute Eignung zum Kaltumformen, das heißt ein Umformen unterhalb der Rekristallisationstemperatur, ist eines der markanten Merkmale dieses Baustahls. Die Herstellung von Bauteilen mit anspruchsvoller Geometrie ist mittels Kaltumformung sehr gut möglich. Dabei ist die Neigung zur Rissbildung gering.

Der 1.0976 verfügt über eine ausgeprägte Kaltrisssicherheit sowie eine nur geringe Neigung zur Aufhärtung. Ein Warmumformen, das heißt das Umformen oberhalb der Rekristallisationstemperatur, ist hingegen nicht empfehlenswert. Hier besteht die Gefahr der nachteiligen Beeinflussung der Gefügestruktur mit dem Ergebnis der Verschlechterung der guten Werte in puncto Zugfestigkeit und Dehngrenze.

Gute Schweißbarkeit

Der mit Werten unter 0,2 Prozent recht geringe Kohlenstoffgehalt führt zu einer nur geringen Aufhärtungsneigung sowie nur geringer Tendenz zur Rissbildung. Dies sowie der hohe Reinheitsgrad bescheren dem S355MC eine hervorragende Schweißbarkeit. Ein Vorwärmen des Werkstoffes vor dem eigentlichen Fügen ist nicht erforderlich.

Die Gefahr von Spannungsrissen besteht nicht. Vorteilhaft ist es, die Wärmeeinbringung beim Schweißen auf das erforderliche Mindestmaß zu begrenzen. Auf diese Weise wird eine nachteilige Beeinflussung des feinkörnigen Gefüges, insbesondere in der Wärmeeinflusszone, verhindert. Mechanisiert oder automatisiert arbeitende Hochleistungsverfahren mit höheren Schweißgeschwindigkeiten bieten sich an.

Anwendungen von S355

Agrarindustrie

Aufgrund seiner mechanischen Kennwerte sowie der sehr guten Be- und Verarbeitungseigenschaften bestehen im Bereich agrarbezogener Anwendungen breite Einsatzmöglichkeiten für den Werkstoff 1.0976. Beispiele sind Strukturteile und Rahmen landwirtschaftlich genutzter Maschinen wie Mähdrescher, Traktoren und Anhänger.

Robustheit und Langlebigkeit prädestinieren den S355MC für diese Anwendungen sowie für den Einsatz in agrartechnischen Anbaugeräten wie Saatmaschinen, Eggen, Pflügen und Düngerstreuern. Förderanlagen wie beispielsweise Förderschnecken oder Förderbändern verleiht der 1.0976 eine hohe Zuverlässigkeit und Haltbarkeit. Landwirtschaftliche Transportgeräte in Form von Ladewagen, Silageanhängern oder Containern sind unter Nutzung dieses Baustahls gewichtssparend und dennoch stabil auszuführen.

Automobilindustrie

Insbesondere wegen ihrer hervorragenden Umformeigenschaften sind Halbzeuge aus S355MC in der Automobilindustrie gefragt. Robuste Strukturen sind bei sehr effizientem Materialeinsatz zu realisieren. Dies ermöglicht eine signifikante Gewichtsreduktion, ohne auf die erforderliche Stabilität verzichten zu müssen. Dieser Vorteil wird auch für tragende Karosserieteile, beispielsweise Längs- und Querträger, genutzt.

Darüber hinaus bestehen oftmals der Fahrzeugrahmen und Teile des Chassis, die Achsaufhängung und Querlenker aus S355MC. Bauteile aus 1.0976 kommen zudem für die Herstellung von Verstärkungen und Sicherheitsstrukturen, wie Türverstärkungen und energieabsorbierenden Komponenten im Bereich der Knautschzone, zur Anwendung.

Bauindustrie und Architektur

Tragende Strukturen aus S355, wie Säulen, Stützen und Träger, spielen im Brückenbau und bei Rahmenkonstruktionen für Gebäude und Industrieanlagen eine wesentliche Rolle. Für den Einsatz als Fassadenelemente und Paneele werden hohe Festigkeitswerte in Kombination mit geringem Gewicht gefordert. Komponenten aus 1.0976 erfüllen in diesem Bereich funktionale und ästhetische Aufgaben. Dies gilt auch für Geländer, Leitern und Plattformen.

Weitere Einsatzbereiche sind Trennwände, Stützelemente und dekorative Strukturen im Innenausbau. Anspruchsvolle Dachkonstruktionen mit unkonventioneller Gestaltung und großen Spannweiten lassen sich durch Einsatz dieses Baustahls verwirklichen. Die Umsetzung kreativer architektonischer Konzepte wird so ermöglicht.

Containerbau

Im Containerbau wird S355MC für die Herstellung von Struktur- und Rahmenkomponenten sowie Verstärkungselementen verwendet. Hohe Stabilität bei geringer Masse sind starke Argumente für den Einsatz dieses Werkstoffes. Wände und Böden von Containern sind robust genug, um den physischen Beanspruchungen sowie den Umweltbedingungen während Lagerung und Transport standzuhalten. Scharniere und Rahmen für Türkonstruktionen aus 1.0976 ermöglichen wegen ihrer Robustheit eine hohe Lebensdauer, auch bei häufigerem Gebrauch.

Einsatz bei ESTA

Die ESTA E. Stahl Metallwarenfabrik GmbH verwendet diesen Werkstoff zur Herstellung von Montagekomponenten mit höherer statischer Tragfähigkeit sowie für den Bau von Auffahrrampen. Darüber hinaus kommt S355MC bei uns für die Fertigung von Sieben für Zerkleinerungsanlagen, die besonders hoher Beanspruchung standhalten müssen, zum Einsatz.

Bearbeitung von S355MC

Trennen

Der Werkstoff 1.0976 gestattet die Anwendung sämtlicher thermischer und mechanischer Trennverfahren wie dem autogenen Brennschneiden, dem Laser-, Plasma- oder Wasserstrahlschneiden sowie dem Scheren, Stanzen, Bohren oder Sägen. Präzise Schnitte in hoher Qualität sind bei diesem Material unkompliziert zu realisieren.

Fügen

Aufgrund seiner sehr guten Schweißeignung lassen sich beim S355MC alle gängigen thermischen Fügeverfahren einsetzen. Dabei sind jedoch hinreichend hohe Schweißgeschwindigkeiten zu empfehlen, um ungewollte Veränderungen der feinkörnigen Gefügestruktur im Bereich der Wärmeeinflusszone zu reduzieren oder idealerweise zu vermeiden. Schutzgas-Schweißverfahren mit hohem Mechanisierungs- und Automatisierungsgrad, wie das Metallaktivgas-Schweißen (MAG) und das Wolframintertgas-Schweißen (WIG) dominieren.

Das Unterpulver-Schweißen (UP) kommt für größere Blechdicken zur Anwendung. Manuelle Fügeverfahren, zum Beispiel das Lichtbogen-Handschweißen (E) oder das Gasschmelzschweißen (G) sind ebenfalls möglich. Mit dem Laserstrahl- und Plasmaschweißen lassen sich Komponenten verbinden, bei denen anspruchsvolle Toleranzvorgaben hohe Anforderungen an die präzise Ausführung der Verbindung stellen. Dies ist in der Luft- und Raumfahrt sowie der Automobilindustrie der Fall. Insbesondere das Laserschweißen wird für das Fügen von tailored blanks im Automobilbau eingesetzt.

Umformen

Wie bereits erwähnt, eignet sich der Werkstoff S355MC hervorragend für die Kaltumformung. Verfahren wie das Biegen und Tiefziehen sind wegen der feinkörnigen Mikrostruktur dieses Materials auch bei größeren Umformgraden sehr gut anwendbar. Die Neigung zur Rissbildung ist gering. Aufgrund der Gefahr von Gefügeveränderungen und damit einhergehender ungewollter Beeinträchtigung der mechanischen Kennwerte ist jedoch erhöhte Vorsicht beim Warmumformen geboten. Idealerweise wird der Einsatz dieser Verfahrensvariante beim S355MC vermieden.

ESTA E. Stahl Metallwarenfabrik GmbH

Die ESTA E. Stahl Metallwarenfabrik GmbH ist auf die Blechbearbeitung spezialisiert. Wir verarbeiten Stahl-, Edelstahl- und Aluminiumhalbzeuge. Sämtliche Umform-, Trenn- und Fügeverfahren führen wir im eigenen Hause aus. Für Sie bedeutet dies höchste Professionalität und Präzision beim Laserschneiden, Scheren, Sägen, Bohren, CNC-Stanzen oder Schweißen. Die gleichbleibend hohe Qualität unserer Produkte ist ein wesentlicher Teil unseres Leistungsversprechens. Verlassen Sie sich jederzeit auf unsere Kompetenz sowie die Güte unserer Produkte.

Sowohl in Beratung als auch Ausführung stehen wir Ihnen mit unserer langjährigen Erfahrung und fundiertem Know-how zur Verfügung. Nehmen Sie gern den Kontakt zu uns auf – wir freuen uns auf Sie!

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