Gesenkbiegen

18. September 2024

Das Gesenkbiegen oder Abkanten gehört nach DIN 8580; 2003-09 „Fertigungsverfahren – Begriffe, Einteilung“ zur Gruppe der Umformverfahren. Es wird überwiegend für die Blechbearbeitung eingesetzt. Das Werkstück wird dabei zwischen einem vertikal beweglichen Biegestempel und einer feststehenden Matrize positioniert. Durch eine kontrollierte Abwärtsbewegung des Stempels wird das Werkstück in die Kontur der Matrize gedrückt. Gebräuchlich sind V- und U-förmige Matrizen.

Verfahrensvarianten

Freies Biegen


Merkmal des freien Biegens ist die Auflage des umzuformenden Bleches auf lediglich zwei Kanten der Matrize. Zudem drückt der Stempel das Blech beim Umformen nicht bis zum Grund der Matrize. Die Kontur des umgeformten Werkstückes wird durch den Grad der Abwärtsbewegung des Stempels (Eintauchtiefe) bestimmt. Hierfür ist eine präzise Steuerung der Stempelbewegung erforderlich. Vorteil des freien Biegens ist die Möglichkeit, an Werkstücken unterschiedliche Biegewinkel mit ein und derselben Werkzeugkombination zu fertigen. Selbst unterschiedliche, einander nicht entsprechende Konturen von Stempel und Matrize können genutzt werden.

Prägebiegen


Beim Prägebiegen müssen Stempel und Matrize genau aufeinander abgestimmt werden. Das Blech wird mit deutlich höherem Druck als beim freien Biegen in die Matrize gedrückt. Der Stempel presst das Werkstück dabei vollständig in die Matrize. Mit dem Prägebiegen lassen sich sehr präzise Biegewinkel realisieren. Diese Verfahrensvariante ist weniger flexibel einsetzbar. Der Werkzeugsatz muss spezifisch auf den zu erzeugenden Biegewinkel ausgelegt werden.

Dreipunktbiegen


Beim Dreipunktbiegen drückt der Stempel das Werkstück in eine U-förmige Matrize bis zu deren Boden. Das Bauteil berührt die Matrize bei der Umformung an drei Punkten, den oberen Innenkanten sowie dem Matrizenboden. Dieser fungiert als Gegenhalter. Meist ist er ebenfalls vertikal verfahrbar. Dies erfordert das Steuern einer weiteren Achse und erhöht die Anforderungen an die Prozessführung. Unterschiedliche Biegewinkel sind ohne das Erfordernis eines Werkzeugwechsels herzustellen.

Anlagen und Steuerungen

Maschinentypen

Oberantriebsmaschinen

Charakteristisch für Oberantriebsmaschinen ist die vertikale, nach unten gerichtete Bewegung des Stempels in Richtung Matrize. Diese wird mithilfe des Oberpressbalkens realisiert. Die Matrize ist fest mit dem Unterpressbalken verbunden und verharrt während des Umformvorganges in ihrer Position. Dieser Maschinenaufbau entspricht dem aktuellen Stand der Technik und ist am weitesten verbreitet.

Unterantriebsmaschinen

Unterantriebsmaschinen realisieren eine vertikale, nach oben gerichtete Bewegung der Matrize in Richtung Stempel. Dies erfolgt mit dem Unterpressbalken. Stempel und Oberpressbalken sind fest miteinander verbunden. Sie bewegen sich beim Umformen nicht. Dieser Maschinenaufbau ist veraltet und wird heute kaum noch eingesetzt.

Antriebssysteme

Hydraulische Antriebe


Kraftquelle hydraulisch arbeitender Systeme ist ein Hydraulikzylinder. Dieser bewegt den Stempel und ermöglicht die Kraftwirkung auf das zu biegende Werkstück. Hydraulisch angetriebene Pressen werden eingesetzt, wenn erhebliche Kräfte für das Umformen erforderlich sind. Abkantlängen von mehr als 15 Metern und Presskräfte von 10.000 Kilonewton sind realisierbar. Das hydraulische System erfordert jedoch eine regelmäßige Wartung. Zudem muss die Hydraulikpumpe im Betriebsmodus kontinuierlich laufen. Dies führt zu erhöhten Wartungs- und Betriebskosten.

Servoelektrische Antriebe


In Gesenkbiegepressen mit servoelektrischen Antrieben steuern elektrische Servomotoren die Bewegung des Stempels. Damit sind präzise, gut reproduzierbare Biegeergebnisse zu erzielen. Werkstücke mit Abkantlängen von bis zu 4 Metern können bei Presskräften bis zu 2000 Kilonewton umgeformt werden. Servoelektrisch betriebene Pressen verfügen über eine hohe Energieeffizienz, Betriebsgeschwindigkeit und geringe Geräuschentwicklung. Im Betrieb kommt es zu keiner signifikanten Verformung des Maschinengestells. Sie eignen sich für Anwendungen, bei denen eine hohe Genauigkeit sowie Prozessgeschwindigkeit gefordert sind. Der Wartungsaufwand servoelektrisch betriebener Pressen ist gering. In Kombination mit der guten Energieeffizienz führt ihr Einsatz zu Betriebskostenvorteilen.

Maschinensteuerung

Abgesehen von kleineren Handwerksbetrieben oder technischen Versuchseinrichtungen dominieren heute CNC-Steuerungen in Abkantpressen. Damit wird den Erfordernissen an die Positioniergenauigkeit der Abkantwerkzeuge sowie des Hinteranschlages entsprochen. Dies betrifft die zwei großen Achsen des Oberpressbalkens bei hydraulischen Pressen, das mehrachsige Hinteranschlagsystem sowie die Bombierung des Unterpressbalkens. Die Eintauchtiefe des Stempels in die Matrize lässt sich so bis auf ein hundertstel Millimeter genau steuern. Die Programmierung der Maschinensteuerung ist an externen Computerarbeitsplätzen oder direkt an der Maschine möglich.

Maschinensicherheit

Unsachgemäß ausgeführt birgt der Abkantprozess Risiken für die Gesundheit des Bedieners sowie die Unversehrtheit der Ausrüstung. Diese gehen primär von den bewegten Maschinenteilen aus. Zudem vollziehen Bereiche des umzuformenden Werkstückes während des Biegeprozesses Lageänderungen. Darum werden die Pressen mit entsprechenden Betriebsmodi, sicherheitsgebenden Bedienkonzepten sowie Schutzeinrichtungen versehen.

Betriebsmodi und sicherheitsgebende Bedienkonzepte

Reduzierte Geschwindigkeit

Löst der Bediener den Abkantvorgang mit einem Fußschalter aus, beträgt die Bewegungsgeschwindigkeit des Werkzeugs maximal 10 Millimeter pro Sekunde. Maschinen ab Baujahr 2001 verfügen über einen dreistufigen Fußschalter mit den Funktionen „Stopp-Start-Stopp/Umsteuern“.

Zweihandsteuerung

Der Bediener löst das Absenken des Oberwerkzeuges sowie den Abkantvorgang mit beiden Händen jeweils an getrennten Bedienknöpfen aus. Bei Maschinen ab Baujahr 2001 erfolgt dies ausschließlich in Verbindung mit einer Sicherheitseinrichtung.

Zweihand-Fußsteuerung

Der Bediener löst das Absenken des Oberwerkzeugs mit beiden Händen an jeweils getrennten Bedienknöpfen aus. Der eigentliche Abkantvorgang wird mittels Fußschalter ausgelöst. Bei Maschinen ab Baujahr 2001 erfolgt dies ausschließlich in Verbindung mit einer Sicherheitseinrichtung.

Fußsteuerung

Der Bediener löst zunächst das Absenken des Oberwerkzeugs und anschließend den Abkantvorgang mit einem Fußschalter aus. Dieser Betriebsmodus ist ausschließlich in Verbindung mit einer Sicherheitseinrichtung zulässig.

Sind zwei Bediener für den Betrieb der Presse erforderlich, gelten analoge Sicherheitskonzepte. Erst wenn beide Bediener die Freigabebedingungen erfüllen, wird der Abkantvorgang ausgelöst.

Sicherheitseinrichtungen

Aktive optoelektronische Sicherheitseinrichtungen, sogenannte AOPDs, tragen ebenfalls zur Minimierung möglicher Risiken bei der Bedienung von Abkantpressen bei. Je nach Auslegung handelt es sich um fest verbaute, vertikale oder mitfahrende, horizontale Systeme.

Lichtvorhangbasierte AOPD

Fest verbaute, vertikale Sicherheitseinrichtung mit Lichtvorhang vor den Abkantwerkzeugen. Detektiert der Lichtvorhang eine Störung, beispielsweise durch die Hand des Bedieners, wird der Abkantvorgang unmittelbar gestoppt.

Kamerabasierte AOPD

Mitfahrende, horizontale Sicherheitseinrichtung mit Kamerasystem neben dem Oberwerkzeug. Detektiert das System eine optische Veränderung im Bereich des Oberwerkzeugs, führt dies zum Stoppen des Abkantvorganges.

Laserbasierte AOPD

Mitfahrende, horizontale Sicherheitseinrichtung mit Laserstrahl dicht unter dem Oberwerkzeug. Ein Unterbrechen des Laserstrahls führt zum Stoppen des Abkantvorganges.

Neben den benannten Sicherheitssystemen muss das unmittelbare Umfeld der Maschine mittels Schutzgitter oder Lichtschranke vor unbeabsichtigtem Zutritt geschützt werden.

Automatisierung

Automatisierungsmaßnahmen tragen dazu bei, den Umformprozess effizienter zu gestalten. So kann sowohl das Rüsten der Maschine als auch der Abkantvorgang durch Unterstützung eines Roboters erfolgen. In diesem Falle spricht man von einer Biegezelle. Das Integrieren derartiger Biegezelle in eine Fertigungsstraße ermöglicht die personalfreie Fertigung von Blechbiegeteilen.

Richtlinien, normative und gesetzliche Vorgaben

Die DIN 8586 „Fertigungsverfahren Biegeumformen – Einordnung, Unterteilung, Begriffe“ regelt die Verfahrenszuordnung des Gesenkbiegens. Vorgaben zur Maschinensicherheit enthält die DGUV-Information 209-008 „Einrichten von Pressen“. Prüf- und Wartungsvorgaben für die Maschinen werden in der DGUV-Information 209-030 „Pressenprüfung“ behandelt. Die Berufsgenossenschaft Holz und Metall stellt im Dokument „Arbeitsschutz Kompakt, Nr. 001 – Arbeiten an Gesenkbiegepressen“ relevante Informationen bereit. Zudem gilt die Betriebssicherheitsverordnung des Bundesministeriums der Justiz.

Abkanten bei der Firma ESTA E. Stahl Metallwarenfabrik GmbH

Die ESTA E. Stahl Metallwarenfabrik GmbH hat sich in ihrer nun beinahe einhundertjährigen Geschichte auf die Fertigung von Komponenten aus Blech spezialisiert. Im Maschinenportfolio befinden sich drei Abkantbänke. Davon gestattet eine das Abkanten von Werkstücken mit 5 Meter Abkantlänge bei bis zu 1200 Kilonewton Presskraft. Mit den übrigen Abkantbänken lassen sich Presskräfte bis zu 1500 Kilonewton und 3 Meter Abkantlänge realisieren. Durch Koppelung zu einer Tandemanlage wird eine Abkantlänge von 6 Metern ermöglicht. Mit unserem gut ausgestatteten Werkzeugsortiment sind wir in der Lage, auch extreme Geometrien, wie 160 Millimeter hohe und sehr schmale Laufschienen, zu kanten.

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