Im technischen Bereich beschreibt das Beizen die Behandlung von Oberflächen, insbesondere metallischer Bauteile. In der Regel kommen hierfür Säure- oder Laugengemische als Beizlösung zum Einsatz. Wird die Beizlösung oder Beize in Kontakt mit der Oberfläche des Bauteils gebracht, kommt es zu einer chemischen Reaktion. Unerwünschte Anhaftungen werden so gelöst und beseitigt. Die Oberfläche wird auf diese Weise gereinigt.
Bei Edelstählen wird zudem die erneute Ausbildung der schützenden Passivschicht ermöglicht. Normative Vorgaben in diesem Kontext sind die DIN EN 2516:2024 „Luft- und Raumfahrt – Passivieren von korrosionsbeständigen Stählen und Dekontaminierung von Nickel- oder Cobaltlegierungen“ sowie die DIN EN ISO 16048:2003-06 „Passivierung von Verbindungselementen aus nichtrostenden Stählen“.
Ziel des Beizen von Edelstahl
Ziel des Beizens von Edelstahl ist die Beseitigung oberflächlich anhaftender Schichten sowie die Wiederherstellung eines optimalen Oberflächenzustands. Im Zuge der Bearbeitung von Werkstücken aus Edelstahl kann es zur Veränderung der Oberfläche kommen.
Beispielhaft angeführt seien:
- die Bildung von Zunderschichten im Rahmen von Wärmebehandlungsprozessen
- die Bildung von Zunderschichten oder Anlauffarben sowie Rückstände von Schweißspritzern beim thermischen Fügen
- die Bildung von Anlauffarben bei der mechanischen Oberflächenbearbeitung, zum Beispiel beim Schleifen
- Bildung von Chromcarbid durch den Wärmeeinfluss beim Drehen oder Bohren ohne Kühlmittel
- Bildung von Umformmartensit durch Gefügeveränderung bei der Kaltverformung
- Ablagerungen von Metalloxiden oder Fremdrost
- Eisenabrieb bei der Bearbeitung mit Stahlwerkzeugen.
Diese können die Beeinträchtigung der Korrosionsresistenz des Werkstoffes zur Folge haben. Die Korrosionsbeständigkeit von Edelstahl wird wesentlich durch dessen Chromgehalt bestimmt. Das Legierungselement Chrom reagiert mit dem Luftsauerstoff und bildet ab einem Mindestgehalt von 10,5 % auf der Oberfläche des Edelstahls eine durchgehende, schützende Chromoxidschicht. Diese bewirkt die Beständigkeit des Materials gegen Korrosion. Neben der Beseitigung von Verunreinigungen ermöglicht das Beizen die erneute Bildung einer lückenlosen, schützenden Passivschicht.
Technologische Randbedingungen sowie Verfahrensvarianten des Beizens von Edelstahl werden im Merkblatt 826 der Informationsstelle Edelstahl Rostfrei, Düsseldorf näher beschrieben.
Der Beizprozess
Vorbereitung der Oberfläche
Eine der wesentlichen Voraussetzungen für einwandfreie Prozessergebnisse beim Beizen ist die vorherige gründliche Reinigung der Werkstückoberfläche. Störende Substanzen, wie Öle oder Fette, behindern die Wirkung der Beizlösung und stören so den Prozess. Mithilfe lösemittelbasierter Reiniger, in der Regel in Wasser gelöster Tenside, werden diese von der Oberfläche entfernt.
Auftragen der Beize
Für das Auftragen der Beizlösung oder Beize auf die Oberfläche des Werkstückes werden abhängig von der Bauteilgröße und dem Grad der Oberflächenverschmutzung unterschiedliche Verfahren genutzt.
Sprühbeizen
Bei Bauteilen, die aufgrund ihrer Dimension nicht wirtschaftlich sinnvoll in ein Beizbad getaucht werden können, wird das Sprühbeizen genutzt. Die Beizlösung wird dabei mittels Sprühkopf auf der Werkstückoberfläche verteilt. Auf diese Weise können großflächige Bereiche gleichmäßig und effizient mit der Beizlösung benetzt werden. Beim Sprühbeizen ist es geboten, Arbeitskräfte und angrenzende Arbeitsbereiche in besonderem Maße zu schützen.
Tauchbeizen
Die Oberflächenbehandlung kleinerer bis mittelgroßer Bauteile aus Edelstahl erfolgt mittels Tauchbeizen. Das Werkstück wird bei dieser Verfahrensvariante vollständig in das Beizbad eingetaucht. Die gesamte Oberfläche kommt mit der Beizlösung in Kontakt. Diese sehr effiziente Verfahrensvariante eignet sich insbesondere für Bauteile mit komplexer Geometrie und schlecht zugänglichen Bereichen.
Pinselbeizen
Soll das Beizverfahren kleinflächig fokussiert angewendet werden, beispielsweise beim Entfernen lokal ausgebildeter Zunderschichten oder Anlauffarben, erfolgt das Auftragen der Beizlösung mittels Pinsel. Der Beizprozess findet ausschließlich in den von der Beizlösung benetzten Bereichen statt.
Neben den aufgeführten Verfahrensweisen sind das Rotationsbeizen, das Umlaufbeizen sowie das elektrochemische Beizen für die Behandlung von Edelstahloberflächen gebräuchlich.
Einwirkzeit und Kontrolle
Abhängig von der chemischen Konzentration der Beizlösung, der Ausprägung von Zunderschicht oder Anlauffarben sowie der Art des Edelstahls muss der Beize Zeit für eine hinreichende chemische Reaktion gegeben werden. Das sorgfältige Überwachen dieses Vorganges ist dabei essenziell. Wirkt die Beizlösung über einen zu langen Zeitraum ein, kann dies zur Schädigung der Edelstahloberfläche führen. In der Regel beträgt die Einwirkzeit etwa 10 bis 30 Minuten.
Neutralisieren und Spülen
Ist der eigentliche Vorgang des Beizens abgeschlossen, müssen die säurehaltigen Bestandteile der Beizlösung gründlich entfernt werden. Das nachfolgende Spülen des Werkstückes erfolgt mit kaltem klaren Wasser, sodass keinerlei Chemikalienrückstände auf der Oberfläche verbleiben. An Stellen mit verminderter Zugänglichkeit wird die Verwendung von alkalischen Lösungen, gegebenenfalls mit zusätzlichem Netzmittel, empfohlen. Diese Vorgehensweisen sind wesentlich, um eine Schädigung der Oberfläche und die Gefahr durch Spaltkorrosion zu verhindern.
Vorteile des Beizens von Edelstahl
Mit dem Beizen wird das Ziel verfolgt, die uneingeschränkte Funktionalität von Bauteilen aus Edelstahl während der gesamten Produktlebensdauer sicherzustellen. Dies bezieht sich insbesondere auf deren Korrosionseigenschaften im Nachgang erforderlicher Bearbeitungsschritte.
Zusammengefasst ergeben sich folgende Vorteile bei der Anwendung dieses Verfahrens:
- Wiederherstellen der schützenden Chromoxidschicht (Passivschicht) und Sicherstellen der Korrosionsresistenz des Bauteils
- Entfernen von Oberflächenverunreinigungen, Zunder und Anlauffarben, die zu einer Beeinträchtigung der Korrosionsbeständigkeit führen können
- Optimieren der ästhetischen Anmutung von Edelstahlbauteilen durch Ausbildung einer visuell homogenen Oberfläche
Herausforderungen und Risiken
Neben einer Vielzahl entscheidender Verfahrensvorteile birgt das Beizen jedoch auch einige Herausforderungen.
Einsatz gesundheitsschädlicher Chemikalien
Bei den üblicherweise für das Beizen genutzten Säuren, beispielsweise der Flusssäure oder der Salpetersäure, handelt es sich um Gefahrstoffe. Unsachgemäßer Gebrauch kann zu ernsten Verletzungen führen. Der Umgang mit diesen Chemikalien erfordert geschultes Personal und besondere Vorsichtsmaßnahmen.
Belastungen für die Umwelt
Unternehmen, die das Beizen von Edelstahl anwenden, müssen strengen Vorschriften zum Schutz der Umwelt entsprechen. Dies betrifft insbesondere die fachgerechte Entsorgung der beim Beizen entstehenden Abfälle.
Wirtschaftlicher Aufwand
Das Beizen von Edelstahl erfordert eine spezifische industrielle Ausrüstung. Zudem kann der Prozess, abhängig von der Bauteilgeometrie sowie dem Verschmutzungsgrad der Oberfläche, zeitintensiv sein. Darüber hinaus sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich, um die Unversehrtheit der Arbeitskräfte und der Arbeitsumgebung zu gewährleisten.
Prozessüberwachung
Eine ungenügende Überwachung des Beizprozesses kann zur Schädigung des Bauteils oder zu unzureichenden Prozessergebnissen führen. Das Überschreiten der Einwirkzeit oder der Verbleib chemischer Rückstände auf der Bauteiloberfläche können einen übermäßigen Materialabtrag hervorrufen. Eine strukturelle Schwächung des Bauteils kann die Folge sein.
Sicherheit beim Beizen
Um die Sicherheit für Arbeitskräfte und Anlagen beim Beizen von Edelstahl zu gewährleisten, ist es geboten, geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Beispielhaft betrifft dies die folgenden Aspekte:
Schutzausrüstung
Mit dem Prozess des Beizens geht wie bereits erwähnt eine spezifische Gefährdung für die Gesundheit der Arbeitskräfte einher. Eine persönliche Schutzausrüstung, wie Atemschutzmaske, Handschuhe und Schutzbrille und ggf. Schutzanzug sind notwendige Voraussetzungen, um körperliche Schäden abzuwenden.
Belüftung der Arbeitsbereiche
Beim Beizen von Edelstahl wird mit aggressiven chemischen Substanzen gearbeitet. Während des Prozesses kann es zur Entstehung gesundheitsgefährdender Dämpfe kommen. Vor diesem Hintergrund ist die gute Belüftung des Arbeitsbereiches sowie der Einsatz von Abzugshauben erforderlich.
Fachgerechte Entsorgung
Im Ergebnis des Beizens entstehen chemische Abfälle. Die fachgerechte Entsorgung vermeidet eine unnötige Belastung der Umwelt.
Ausführlich sind die Sicherheitsbestimmungen in der VERORDNUNG (EG) Nr. 1907/2006 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 18. Dezember 2006 dokumentiert.
Beizen von Edelstahl bei der Firma ESTA E. Stahl Metallwarenfabrik GmbH
Die ESTA E. Stahl Metallwarenfabrik GmbH hat sich in ihrer nun beinahe einhundertjährigen Geschichte auf die Fertigung von Komponenten aus Blech, insbesondere auch aus Edelstahl, spezialisiert. Neben Trenn- und Umformverfahren kommt das Fügen von Baugruppen zum Einsatz. Mittels Schweißen gefügte Bauteile unterziehen wir standardmäßig der Oberflächenreinigung durch Beizen. Überzeugen Sie sich von unserer Flexibilität und der professionellen Qualität unserer Leistung. Nehmen Sie noch heute den Kontakt zu uns auf. Wir stehen Ihnen sehr gern zur Verfügung.